Aus der Arena

Österreichs kiffende Musterschüler

Von Solmaz Khorsand, 16.01.2019

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Wir Österreicher sind die perfekten Migranten. Zumindest in der Schweiz. Kein Wunder. Aus unserer Heimat wissen wir, was sich als guter Migrant gehört, hören wir doch seit Jahrzehnten, was das Anforderungsprofil dieser Spezies ist.

  • Der brave Ausländer lernt die Sprache.

  • Der brave Ausländer hält sich an die Gesetze.

  • Der brave Ausländer lebt die Bräuche und Sitten.

  • Der brave Ausländer ist dankbar.

  • Und der brave Ausländer identifiziert sich vor allem mit der neuen Heimat – ohne Wenn und Aber.

In der Schweiz zeigen Österreicher und Österreicherinnen vor, wie es geht. Und das fast schon gespenstisch vorbildlich, wie aus einer aktuellen Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften hervorgeht. Darin wurden in zehn Kantonen 8317 Jugendliche mit und ohne Migrations­hintergrund im Alter von 17 bis 18 Jahren befragt. Aus den Antworten haben die Wissenschafter unter anderem einen «Integrations-Index» erstellt, auf dem 100 Punkte der perfekten Integration entsprechen.

Österreichische Secondos erreichten dabei mit 83 Punkten den höchsten Wert. So besteht ihr Freundeskreis zu drei Vierteln aus Schweizern (73 Prozent), sie besitzen fast alle (90 Prozent) den Schweizer Pass und vertrauen in die Institutionen des Landes. «Fast neun von zehn österreichischen Befragten sehen sich als Schweizer; mehr als die Hälfte dieser Gruppe betrachtet sich ausschliesslich als Schweizer (56,9 Prozent)», heisst es im Bericht.

Zudem sind sie auch noch die Glücklichsten unter den Befragten. So gaben 70 Prozent der Jugendlichen mit österreichischem Pass eine hohe Lebens­zufriedenheit an.

Irritierend müssen diese Ergebnisse auf die (daheimgebliebenen) Landsleute wirken. Insbesondere das letzte, die Zufriedenheit.

Übertreibt man es da nicht ein bisschen mit der Integration? Glückliche Österreicher? Klar, der Westen des Landes verfügt über ein heiteres Gemüt, das bescheinigen auch diverse Umfragen. Doch im Osten sieht die Lage anders aus, vor allem in Wien. Dort sind wir stolz auf unsere manische Gefühlslage, allem Positiven immer noch etwas Negatives abzugewinnen, den Absturz zur Kunstform erklärt zu haben und die Larmoyanz zum rhetorischen Kniff. Hier ist man nicht glücklich oder zufrieden, und wenn man es ist, würde man es nicht zugeben – was würden denn die Leute sagen?

Womöglich schleift die Migration in die helvetische Alpen­republik die Ecken und Kanten des sudernden Homo austriacus, macht eine Ehe mit einer Eidgenossin die Welt ein Stück weit erträglicher (86 Prozent der öster­reichischen Jugendlichen in der Studie haben einen Schweizer Elternteil) und fördert die protestantische Stehauf­mentalität den eigenen Lebenswillen.

Dennoch. Eine kleine Dosis österreichische Selbstdestruktion hat es auch in die Schweiz geschafft, selbst in der zweiten Generation. So ergab die Studie auch, dass die österreichischen Jugendlichen von allen Befragten am meisten saufen, kiffen und koksen. Und Dinge beschädigen.

Zum Glück. Ein bisschen pannonischer Exzess muss dann eben doch sein. Trotz aller Zufriedenheit.

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